Wann ist ein Trainer ein guter Trainer? Eine Frage, die in der Sportwelt permanent gestellt wird. Eine Frage, die kaum abschliessend beantwortet werden kann. Welche Kriterien sind massgebend für ein Urteil? Ist es der Erfolg? Nimmt man den ehemaligen Trainer des englischen Fussball-Top-Klubs Manchester United, Alex Ferguson, als Beispiel, ist der Erfolg das Mass aller Dinge. Der heute 77-jährige Schotte war von 1986 bis 2013 Chefcoach der United und gewann in dieser Zeit 38 Titel. Elf weitere Titel mit anderen Teams kommen hinzu. Eine einzigartige Bilanz. Ferguson pflegte einen autoritären und konsequenten Führungsstil. Sein wichtigstes Werkzeug war Macht und Kontrolle. Oder sind es andere Fähigkeiten, die einen Trainer zu einem guten Trainer machen? Menschlichkeit, Sozialkompetenz, Einfühlungsvermögen? Dann ist auch der Trainer ein guter Trainer, der sein halbes Leben lang Kinder in der JO eines Skiclubs oder in der Juniorenabteilung eines Fussballclubs betreut hat.
Das Potenzial ausschöpfen
Wann ist ein Trainer ein guter Trainer? Mit dieser Frage setzten sich am dritten Glarner Sportforum auch Patrick Fischer, der Cheftrainer der Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft, Patrick Küng, der Abfahrts- Weltmeister von 2015 und Mark Wolf, der Leiter Trainerbildung beim Bundesamt für Sport sowie Moderatorin Regula Späni auseinander. Auf ihrer Suche kam Interessantes, Vielfältiges, Lustiges zum Vorschein. Auch die Tierwelt wurde in die Diskussion miteinbezogen. Von Eseln, Enten, Rennpferden, Adlern und Säuen war die Rede. Ein Trainer müsse seine Sportler zu seinen Zielen führen, umschreibt Patrick Fischer die Aufgabe eines Trainers. «Er muss eine grosse Unterstützung sein in der Entwicklung vor allem eines jungen Athleten», ergänzt Patrick Küng. Und Mark Wolf zeigt sogleich die Grenzen eines Trainers auf: «Nicht aus jedem Esel wird ein Rennpferd.» Des Trainers Aufgabe sei, den Sportler so weiterzubringen, dass dieser sein Potenzial ausschöpfen könne, sagt Wolf weiter. Wie aber kann ein Trainer Höchstleistungen aus seinen Athleten herauskitzeln? Mit Strenge, Härte, knallharten Regeln à la Ferguson? Auf die kumpelhafte, freundschaftliche Art? Mit beidem kombiniert?
Podiumteilnehmer
Patrick Fischer
Cheftrainer Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft
Ehrlichkeit und Vertrauen
«Ich glaube nicht an die Peitsche und nicht daran, dass lautes Zusammenstauchen der Spieler in der Garderobe etwas bringt», sagt dazu Patrick Fischer. «Zudem tut das auch meinem Magen nicht gut.»
Er habe von Trainern wie Sean Simpson, Arno Del Curto oder dem versteorbenen Jim Koleff viel profitieren können. «Aber ich kopiere sie nicht. Ich habe meine eigene Führungsphilosophie, bin
authentisch und versuche, meine Spieler zu verstehen und ihnen Vertrauen zu geben», so Fischer. Es gebe aber auch bei ihm Regeln. Beispielsweise seien Handys in der Garderobe, im Bus oder beim
Essen tabu. «Während meiner Karriere hatte ich einige Trainer, auch solche, die sehr streng waren», betont Küng und fügt mit einem verschmitzten Lächeln an: «Als Jugendlicher brauchte ich strenge
Trainer, die mir klar sagten, was gut für mich ist und was nicht.» Als erfahrener Athlet sei diese Strenge nicht mehr erforderlich. Da seien andere Qualitäten gefragt. Sozialkompetenz,
Ehrlichkeit und Vertrauen, zählt Küng auf. Wichtig ist aber auch noch eine andere Eigenschaft: Das Gespür zu haben, in den verschiedenen Momenten das Richtige zu tun. Küng nannte ein Beispiel:
«Im Erfolg scharen sich die Trainer um dich. Bei Misserfolg stehst du aber schnell alleine da.» Mit einem Beat Feuz wollten alle Trainer arbeiten. Dabei bräuchten diejenigen Unterstützung und
Aufmerksamkeit, denen es nicht so gut laufe. Grundlegend bei der Arbeit eines Trainers sei neben den fachlichen Qualitäten die Kommunikation. «Je kompetenter ein Trainer ist, desto mehr
Möglichkeiten hat er auf der Klaviatur der verbalen oder non-verbalen Kommunikation», betont Mark Wolf. Gespräche zu führen, die Spieler zu motivieren und ihnen die Aufgaben oder Entscheide zu
erläutern, sei wichtig, ergänzt Patrick Fischer. «Dabei muss man auf die Befindlichkeiten jedes einzelnen eingehen. Andres Ambühl sei mit einem Augenzwinkern an der Kaffeemaschine zufrieden. Ein
anderer brauche ein ausführliches Gespräch.»
Ein brutaler Job
Ein Trainer muss taktisch, technisch auf der Höhe sein, kommunizieren können, stets die richtigen Entscheide fällen, darf keine Fehler machen und muss Druck aushalten können. Regula Späni nennt
es die eierlegende Wollmilchsau. «Trainer sein ist ein brutaler Job», sagt Mark Wolf. «Deshalb gibt es viele Trainer, die früh, zu früh, aussteigen. Und: Es gibt zu wenig gute Trainer.» Daran
würden sie arbeiten. «Damit es mehr Trainer gibt wie Patrick Fischer, der aus Enten Adler machen kann.» «Wie machst du das», hakt Späni nach. «Eins vorneweg: Ich mag Enten. Es sind liebe Tiere.
Aber wenn sich meine Spieler benehmen wie Enten, wenns nicht rund läuft, also nur noch quaken und in alle Richtungen watscheln, werde ich zickig», antwortet Fischer. «Dann mag ich den Adler, der
alles von oben, mit etwas Distanz, betrachtet und dann ruhig die richtigen Entscheidungen trifft.» Von Patrick Küng will Regula Späni am Schluss wissen, ob er sich nach all dem Gehörten
vorstellen könnte, selbst Trainer zu werden. «Derzeit bestimmt nicht. Aber sag niemals nie», antwortet Küng. Um ihn bei seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen, erhielt er von
sportglarnerland.ch, dem Organisator dieses Anlasses, einen Baby-Trainer-Anzug geschenkt. Denn: Im Februar erwarten Patrick Küng und seine Freundin Bianca Andreatta Nachwuchs. Schwein gehört auch
dazu Wann ist ein Trainer ein guter Trainer? Der Abend in der Aula der Kantonsschule mit Patrick Fischer, Mark Wolf und Patrick Küng zeigte, dass diese Frage sehr vielschichtig und gar nicht
einfach zu beantworten ist. Am Ende ist wohl doch die Rangliste ein sehr wichtiger Teil der Wahrheit. Und damit ein Trainer ein guter Trainer wird, braucht er neben allen Qualitäten und grossem
Fachwissen – auch Schwein.
Bericht: Ruedi Gubser, Südostschweiz