Sind Topleistungen im Sport ohne Doping möglilch?
Es sei ein schwieriges Thema, meinte Moderatorin Regula Späni zur Einleitung des Podiumsgesprächs. Rund 200 Zuhörer wollten sich am Montagabend in der Aula der Kantonsschulein Glarus dennoch mit diesem schwierigen Thema auseinandersetzen. Nicht damit befassen wollte sich ursprünglich der Stargast. Nicola Spirig zögerte nämlich mit einer Zusage. «Das wird schwierig», sagte siezu sich selbst. Marco Schifferle zuliebe habe sie sich schliesslich für eine Teilnahme entschieden. «Das Thema Doping ist immer nur mit Negativem behaftet. Dabei soll es doch ein positiver Abend werden», betonte die Triathlon-Olympiasiegerin. Es wurde schliesslich auch ein positiver Abend, was beim Thema Doping durchaus missverstanden werden kann. Es wurde aber auch ein interessanter Abend. Das lag einerseits an der guten Moderation von Regula Späni und andererseits an den Gästen. Dazu gehörten neben Nicola Spirig der Chefmediziner von Swiss Olympic, Patrik Noack, sowie Kranzschwinger Roger Rychen.
Podium Teilnehmer
Patrik Noack
Dr.med., Chef Medical Team Swiss Olympic
Stirn runzeln und lächeln
Interessant war beispielsweise die Reaktion von Noack, als er auf die Dopingfälle der norwegischen Langläufer Therese Johaug und Jonsrud Sundby sowie des britischen Radrennfahrers Chris Froome angesprochen wurde. Noack lächelte. Er glaubt den Unschuldsbeteuerungen der zwei gesperrten (Johaug und Sundby) und des freigesprochenen Froomes nicht.
Drei Dopingfälle
Johaug hatte während eines Trainingslagers in Italien eine Lippencreme benutzt, deren Inhaltsstoff Klostebol auf der Dopingliste steht. Nach Auffassung der Anti-Doping-Agentur Wada verstiess sie
nicht vorsätzlich gegen die Dopingregeln und wurde für 18 Monate gesperrt. Ursprünglich hatte die Strafe nur 13 Monate betragen, was Johaug einen Start an den Olympischen Spielen in Südkorea
ermöglicht hätte. Sundby war im Weltcuprennen am
13.Dezember 2014 in Davos und der Tour-de-Ski-Etappe vom 8.Januar 2015 in Toblach positiv auf das Asthmamittel Salbutamol getestet worden. Der Internationale Skiverband hatte darin jedoch keinen
Dopingverstoss erkannt. Der Internationale Sportgerichtshof CAS sperrte Sundby jedoch für zwei Monate. Froome wies 2017 in der Spanien- Rundfahrt nach der Einnahme eines Asthmasprays einen zu
hohen Salbutamol-Wert auf, wurde aber wegen einer neuen Messmethode vom Vorwurf des Dopings freigesprochen. «Eines vorneweg: Die Einnahme eines Asthmamittels bringt einem Sportler ohne
Asthmasymptome nichts», sagte Patrik Noack, bevor er auf das oben erwähnte Trio einging. «Bei diesen drei Fällen muss ich annehmen, dass hier bewusst gedopt wurde.» So mache das Nachhelfen mit
Asthmaspray in den Fällen Froome bei einer dreiwöchigen Rundfahrt und Sundby bei einem mehrtägigen Wettkampf wie der Tour de Ski Sinn. Und zu Johaug meinte er: «Ich kann nicht glauben, dass sie
die Verpackung der Creme vor der Benützung nicht anschaute.» Ein anderer Schweizer Mediziner hatte im Falle Johaug seine Zweifel ebenfalls kundgetan. «Ich war überrascht, als ich auf der
Schachtel der Lippensalbe gross und unübersehbar das Word Doping sah, unterstützt durch ein rotes Verbotszeichen», schrieb der langjährige Langlauf- und Olympiaarzt Beat Villiger der norwegischen
Langläuferin damals unter anderem in einem persönlichen Brief. Angesprochen wurden auch die Dopinggeschichten aus dem Radsport von Lance Armstrong, Tyler Hamilton, der Phonak-Equipe und des
Festina- Teams. Die Marke Festina litt keineswegs unter diesem Skandal und soll den Absatz seiner Uhren dadurch sogar gesteigert haben. Dass sie nach dem Doping schneller gelaufen seien, ist
allerdings ein Gerücht. Roger Rychen wurde zu Schwingerkollege Martin Grab befragt, der dieses Jahr positiv erwischt wurde und seine Unschuld beteuerte. «Die aktiven Schwinger glauben Grabs
Version nicht», meinte Rychen dazu.
Härtere Strafen
Diese unschönen Sachen im Sport, wiees Regula Späni ausdrückte, bringen Nicola Spirig auf die Palme. «Dopingsünder sollten viel härter bestraft werden.» Die Triathletin spricht dabei von einer lebenslangen Sperre oder sogar Gefängnisstrafen. «Andere müssen für Betrugsdelikte auch ins Gefängnis, warum sollen die Sportler eine Ausnahme sein», so Spirig. Schlimm findet sie, was ein Dopingsünder den anderen Athleten damit antut. «Dem Sportler, der nachträglich eine Olympiamedaille oder den Weltmeistertitel erhält, bringt das persönlich nichts mehr. Er wurde seiner Emotionen und besseren Sponsoringverträgen beraubt. Spirig erzählte von einer Athletin, die auf der Toilette vom späten Medaillengewinn erfahren habe. «Sportler, die betrügen, machen mich hässig», so Nicola Spirig. Wichtig sei ihr bei der ganzen Debatte, «dass wir den jungen Sportlern zeigen können, dass es möglich ist, sauber an die Weltspitze zu kommen.»
Kein Alltagsthema
Doping ist im Sport allgegenwärtig. Wer Aussergewöhnliches leistet, steht unter Generalverdacht. «Sogar ich werde bei Superleistungen misstrauisch», sagt Spirig. «Aber deshalb ist Doping kein Alltagsthema bei mir. Ich stehe am Morgen nicht auf und denke daran, wer wohl als nächster erwischt wird.» Misstrauisch könnte man auch bei Spirigs Leistungen werden. Das weiss sie. Sie weiss auch, wem sie ihre Erfolge verdankt. «Ich trainiere sehr hart. Das machen andere zwar auch. Ich habe mit Brett Sutton aber den besten Trainer mit teilweise ungewöhnlichen Methoden.» «Ich kenne Nicola schon lange. Ihre Entwicklung über all die Jahre ist nachvollziehbar. Verdächtig sind hingegen riesige Leistungssprünge von einem Jahr auf das andere», ergänzt Noack. Spirig, Rychen, Noack und Späni sorgten am Sportforum dafür, dass das schwer verdauliche Thema Doping zur leichten Kost wurde. Sie erhielten von Verbandsvorstand Fredy Lienhard ein süsses Läderach-Geschenk, Spirig das grösste. «Ich brauche jeden Tag meine Schoggi», meinte sie lachend. Schon deshalb hat sich die Teilnahme am Podium für sie gelohnt.
Bericht: Südostschweiz Ruedi Gubser